Pathétique mit Gemma New
Wenn ein Stück das Saisonthema «Vergehen» zutiefst verinnerlicht hat, dann Tschaikowskys «Symphonie Pathétique». Klage und Trauer sind schon im 1. Satz unüberhörbar, und sogar der wunderschöne, zarte 2. Satz erzählt von einem unerfüllten Glück: Als Walzer im «falschen» 5/4-Takt steht er vielleicht sinnbildlich für den Schmerz eines gesellschaftlichen Outsiders, der Tschaikowsky (als Kosmopolit in Russland, als Russe im Ausland, als Homosexueller in der bürgerlichen Gesellschaft) bei allen Erfolgen blieb. Schwingt im auftrumpfenden 3. Satz gar Ekel über diese Erfolge mit? Spätestens im langsamen, «Adagio lamentoso» überschriebenen Schlusssatz bricht sich dann ein Gefühl Bahn, mit dem wir uns vermutlich alle in gewissen Stunden identifizieren können: Die unversöhnliche Klage über die Vergänglichkeit. Die junge neuseeländische Dirigentin Gemma New kombiniert Tschaikowsky mit zwei zeitgenössischen Werken: Einem Konzert, das Efraín Oscher dem Solisten Edicson Ruiz auf seinen hochvirtuosen Kontrabass geschrieben hat, und das neobarocken Schwung mit lateinamerikanischen Rhythmen verbindet. Ganz barock beginnt auch das Orchesterstück «Baroque Melting» der kanadischen Komponistin Vivian Fung, um alsbald (wie der Titel ja sagt) in mannigfaltigen Arten zu «schmelzen». Nie war musikalisches «Vergehen» ein grösseres Vergnügen! Ein Vergnügen, das am Ende dann doch wieder berührt und zum Nachdenken einlädt.